Lebst du schon oder zockst du noch? Oder wie oder was?

Die wenigstens Leser werden noch dieses Gefühl kennen, als sie sich nach getaner Arbeit in ihren Chefsessel fallen ließen, ihren Computer anschmissen und einfach los gezockt haben. Irgendwie sind wir alt geworden. Das grandiose Gefühl, mit seinem Team einen virtuellen Kampf gegen ein fremdes Team zu gewinnen musste weichen, für ein leben in Zweisamkeit. Lieber legt man sich mit seiner Herzallerliebsten ins Bett, öffnet gekonnt die Chipstüte und lässt den Abend gemütlich ausklingen. Die Kontakte sind verloren gegangen, das Umfeld hat sich geändert und nach der harten Arbeit lässt man sich lieber fallen.

Mir ging es genauso und deswegen habe ich mir zur das Ziel gesetzt, die nächsten Wochen meine Vergangenheit aufzurollen und die Zeiten wieder aufleben zu lassen. Meine Lieblingsspiele waren Counter-Strike und World of Warcraft. Kurz erklärt ist Counter-Strike ein Ego-Shooter mit jeweils 2 Teams, die sich gegenseitig in einem virtuellen Level bekämpfen. World of Warcraft hingegen ist ein Online-Rollenspiel, in dem es darum geht einen Charakter bis aufs End-Level zu spielen (Level 100), um sich dann zu entscheiden, ob man mit seinem Team entweder gegen andere Teams spielt, oder verschiedene vorgegebene Kampagnen gegen computergesteuerte Gegner bewältigt.

Woche 1 (Counter-Strike):

Als erstes lud ich mir den Steam-Client runter und loggte mich in meinen alten Account ein. Ich konnte das Spiel direkt runterladen, jedoch betrug die Dauer des Downloads ca. eine Stunde für 6 Gigabyte. In solchen Momenten wünscht man sich, man hätte die nette Tante vom T-Online Team nicht direkt an der Haustür abgewimmelt. Kurz darauf konnte ich direkt ins Spiel einsteigen und ich muss sagen :“WOW!“. Die Grafik hat sich um Längen gebessert! Okay, mal abgesehen davon, dass sich die Figuren immer noch künstlich bewegen und das aufwendige Grafikdesign auch manchmal zum ablenken anregt, ist das Spielgefühl was ich damals hatte, recht schnell zurückgekehrt.

Irgendwann fühlte ich mich jedoch alleine. Ich meine, ich bin auf einem Server mit anderen Spielern, manche schreien über die In-Game-Voice Funktion vulgäre Wörter durch den Raum und die Stimmung ist an sich sehr angespannt. Damals wäre ich jetzt in den Internet Relay Chat (IRC) gegangen und hätte mir meine Spieler gesucht. Dies hat sich jedoch auch geändert, denn fast alles wird nun im Spiel erledigt. Man schreibt sich im Spiel an, fügt sich in die Freundesliste hinzu und spielt miteinander. Dies geht zwar schneller, kommt mir jedoch sehr unpersönlich vor. Meistens wird man direkt ins Spiel eingeladen und es gibt gar keine Zwischenmenschlichkeit. Es gibt kein Kennenlernen, kein Trash-talk, kein Witz an der Sache. In den ersten Games die ich gespielt habe, wurde ich dauerhaft beleidigt und dies beweist, dass fast nur noch die Leistung zählt.

Der Montag war für mich ein Test und Einspieltag, der Dienstag wurde für mich schon sehr einsam, da ich die Freude am Spielen verlor, Mittwoch sehnte ich mich nach den Fernsehnabenden im Bett und Donnerstag setzte ich aus. Am Freitag habe ich den Computer ausgelassen, mich in mein Bett gelegt und Chips gegessen. Und wisst ihr was? Es war toll. Ich habe lieber meine innere Ruhe, anstatt mich in ein Spiel rein zu finden, für welches ich ohne monatelanger Einspielzeit keine Chance habe.

Woche 2 (World of Warcraft):

World of WarcraftIch erinnere mich noch an die Zeit, als mein bester Freund mit diesem Spiel anfing und ich dachte „Ja klar, du bist auch son Orc-Krieger“. Ehrlich gesagt? Ich habe ihn irgendwie als Freak abgestempelt. In der Zeit als er World of Warcraft suchtete, befand ich mich noch in meiner Ego-Shooter Welt und ließ mich von nichts und niemanden davon abringen. Schließlich beschloss ich mich 5 Jahre später auf einer Zwei-Mann-Lan Party mit ihm, diesem Spiel trotzdem mal eine Chance zu geben. Zuerst war es recht komisch, so eine kleine Figur in so einer großen Welt zu sein, voller komischer Tiere und Gestalten die einen angreifen wollen. Aber mit der Zeit lernte ich dieses Spiel zu lieben. Es war einfach ruhiger, man konnte sich Zeit nehmen für seine Aktionen, konnte die nächsten Schritte planen und war nicht immer in Hektik, die nächste Runde zu holen oder direkt zu agieren.

Der Download dauerte natürlich länger als Counterstrike, denn das Spielt belegt auf meiner Festplatte satte 30 GB. Doch schon nach dem ersten Login hatte ich das Gefühl, es hätte sich nichts geändert. Das einzige Problem war, dass ich meinen Charakter erst wieder auf das höchste Level bringen musste und mir alle Gegenstände neu erspielen musste. Um dies zu bewältigen reichte ein Anruf bei meinem alten Freund, der sofort zur Stelle war. Es dauerte jedoch die gesamte Woche um dieses Ziel zu erreichen. Wir spielten als zweier Team, wir spielten in zehner Teams, wir besprachen uns im Teamspeak, wir hatten Spaß und lachten. Wir machten uns lustig über die Grafik, welche sich seit Jahre nicht verändert hatte. Das einzige was sich über die Jahre verändert hatte, waren die neuen Kampagnen, die für uns sowieso unwichtig waren, da wir nur Spieler gegen Spieler Games starteten.

Fazit:

Ich war über die Jahre ein Beziehungstyp geworden, der seine Erinnerungen aufwecken wollte. Hat es sich gelohnt? Ja! Ich weiß nun warum ich die ganze Spielerei beendet habe. Und es ist okay wenn man sich neue Ziele im Leben setzt. Mir sind zwischenmenschliche Begegnungen wichtiger, als irgendwelche virtuellen Erfolge. Selbst beim Spielen habe ich gemerkt, dass ich eher der Typ bin, der gerne mal rum scherzt und das Spiel nur geringfügig voran bringt.

Jeder für sich sollte wissen, was er mit seiner Zukunft machen möchte, aber lasst euch gesagt sein: „Die Realität sollte man nie verdrängen, denn man hat nur ein Leben (Hoffentlich nicht immer nur vor dem Rechner)“. Ich werde in Zukunft sicher noch den ein oder anderen Tag mit meinem Freund im Spiel verbringen. Jedoch weiß ich auch, dass ich ein privates Leben, mit einer Festen Arbeitsstelle und einer wunderbaren Freundin habe und diesen Weg immer bevorzugen werde.

Foto: pixabay.com

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